Carport Abfallwirtschaftsamt in München, Architekturbüro Ackermann+Partner

Foto: Jens Weber

Architektur, Innenarchitektur, Stadt, Landschaft: schöne neue Welt

Die Energiewende bietet deutlich mehr Chancen als Risiken. So ermöglicht die regenerative Energieerzeugung mit Sonne, Wind, Wasser und Biomasse z.B. wirtschaftliche Unabhängigkeit von den Schwankungen der Erdöl- und Erdgaspreise. Das Risiko von Umwelt- und Naturzerstörungen durch den Abbau fossiler Energieträger oder durch nukleare Störfälle wird reduziert, die Ausbeutung von Erde und Mensch zum Zweck der Energieerzeugung findet ein absehbares Ende. Hierzu bedarf es jedoch international und national abgestimmter politischer Zielsetzungen und Grundsätze, die global, national und regional ein Vorgehen im Konsens sicherstellen.

Nicht nur die Gesellschaft, auch unsere Landschaften, Städte und Gebäude werden sich verändern (müssen), um die Auswirkungen des Klimawandels und die Folgen der Endlichkeit der fossilen Energieträger in einem verträglichen Rahmen zu halten. Veränderung und Anpassung zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit sind kein neues Phänomen, denkt man z.B. an das Zeitalter der Industrialisierung und die Strukturveränderungen, die etwa der Bau der Eisenbahn mit sich brachte.

Anstelle neuer Kraftwerke mit rauchenden Schloten und Kühltürmen werden nun regenerative »Energielandschaften« entstehen, die von der kleinen Solaranlage auf dem Dach bis hin zu Windparks und großen Fotovoltaikanlagen zeigen, wie sich eine zukunftsfähige und klimaverträgliche Energieversorgung ästhetisch und landschaftsverträglich gestalten lässt.

Die regenerative Energieversorgung beeinflusst insbesondere die Stadt- und Landschaftsplanung – angefangen bei Versorgungsleitungen, E-Mobilität und ÖPNV über intelligente Stromnetze (Smart Grids) bis hin zur Konzeption energetisch autarker Stadtviertel. Zwar ist regenerativ erzeugte Energie nahezu unbegrenzt, aber nicht zu jeder Zeit in großer Menge verfügbar. Deshalb müssen die Energiekulturlandschaften unter Berücksichtigung der regional verfügbaren Ressourcen konzipiert und es muss der Energieverbrauch, z.B. durch entsprechend geplante Gebäude, möglichst niedrig gehalten bzw. reduziert werden. Energieerzeugende Fassaden, Lüftungsanlagen, Energiespeicher, Bauteilaktivierung, Gebäudeautomatisation, Kraft-Wärme-Kopplung und Grauwasserrecycling verändern Planungsprozesse und Gebäudekonzepte. Sie prägen die Architektur im großen wie im kleinen Maßstab. Defizite, die die Anstrengungen gegen den Klimawandel bislang behindern – z.B. im Gebäudebestand, in der Siedlungs- und Infrastruktur, in der Landschaftsplanung sowie in Mobilitätsfragen –, müssen erkannt und allgemein anerkannt werden. Darüber hinaus gilt es, Anforderungen, die sich aus demografischen Entwicklungen ergeben, bei der Erarbeitung von zukunftsfähigen Konzepten zu berücksichtigen.

Der Übergang vom fossilen, »energieverschwendenden« Zeitalter in eine regenerative, energieeffiziente Zukunft erfordert daher Weitblick und kompetente planerische Steuerung. Auf der Basis integrierter Gesamtkonzepte, die von Beginn an landschaftsplanerische, gestalterische, technische und kulturelle Aspekte einbeziehen, kann die Energiewende gelingen, ja sogar ein großer Erfolg werden.

Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner stellt dies vor außerordentliche Herausforderungen: Landschaftsräume, Städte, Quartiere und Gebäude müssen individuell auf eine regenerative Energieversorgung umgestellt werden. Heimatliche »Energiekulturlandschaften« und die zu versorgenden Städte und Gebäude werden so zu gestalten sein, dass sie effizient im Verbund wirken können und zugleich ihr vertrautes Bild weitestgehend bewahren. Hierfür erforderliche Maßnahmen müssen gesellschaftlich akzeptiert sein und sollen damit zur Identifikation mit den Zielen der Energiewende beitragen. Dazu braucht es maßvolle und nachvollziehbare Eingriffe, die durch Qualität und Nutzen überzeugen. Interdisziplinäres Arbeiten in allen Planungsebenen unter Einbeziehung der Bevölkerung ist hierfür die Grundvoraussetzung.

Alle Planer sind gefordert, ganzheitliche Konzepte zu entwickeln, in denen sie stadtplanerische, architektonische, technische und wirtschaftliche Anforderungen in Einklang bringen – für den übergeordneten Landschaftsraum, für ein Quartier und für einzelne Gebäude. Dies erfordert ein hohes Verantwortungsbewusstsein, einerseits für die Belange der Energiewende und andererseits für die Anliegen der Bevölkerung, verknüpft mit einer hohen Gestaltungskompetenz.

Architekten, Innenarchitekten, Stadt- und Landschaftsplaner agieren bei der Umsetzung der Energiewende als Impulsgeber, Realisierer, Multiplikatoren und Kommunikatoren gleichermaßen.

Erfahrung und übergreifendes Know-how sind bei der Entwicklung von »Energiekulturlandschaften« ebenso gefragt wie bei der Detailplanung. Dieses ganzheitliche Verständnis von Naturraum, Landschaft, Stadt, Dorf und Einzelobjekt ist die Basis für Empfehlungen und Entscheidungen zu Nachhaltigkeitsfragen, Siedlungsformen, Bauweisen, Bauteilen und ökologischen Baustoffen.

Pauschale Lösungen gibt es weder im Kleinen noch im Großen – in jedem Einzelfall werden Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner gemeinsam mit ihren Auftraggebern die optimalen Lösungsmöglichkeiten entwickeln.

 

 

 

Haus Klimczyk in Rieden am Forggensee, Becker Architekten

Foto: Franz Schröck