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Vorwort und Einführung

Bayerische Architektenkammer

Die Energiewende und ihre Auswirkungen auf die globale Gesellschaft gehören zu den entscheidenden Zukunftsthemen, für die wir heute schrittweise Lösungen finden müssen. Wie groß der Handlungsdruck ist, veranschaulichen tagtäglich die Bilder von Flüchtlingsströmen, Klima- und Umweltkatastrophen, Verteilungskonflikten und Versorgungsengpässen, die die Nachrichten bestimmen. Bereits heute leben über sieben Milliarden Menschen auf der Welt, 2050 sollen es schon mehr als neun Milliarden sein. Auch diese Zahlen machen die unglaubliche Beschleunigung der Entwicklungen und die Dringlichkeit des Handelns deutlich, denn jeder einzelne Mensch hat Anspruch auf ein menschenwürdiges Leben.

Mehr als die Hälfte der Menschen lebt inzwischen in städtischen Ballungsgebieten. Bis 2050 könnten es drei Viertel sein. Urbane Räume werden dann noch mehr als heute die Schwerpunkte der wirtschaftlichen Entwicklung und der Lebenswirklichkeit der Menschen sein. Deshalb ist es nicht nur für Deutschland, sondern für alle Nationen wichtig, gerade die baulichen Infrastrukturen in ihrer Gesamtheit unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit zu betrachten – beginnend beim Wohnraum über die Mobilität, die Einkaufsmöglichkeiten und die Müllbeseitigung bis hin zur Wasser-, Rohstoff- und Energieversorgung. Die stabile und krisensichere Versorgung mit Energie, die möglichst ausschließlich regenerativ erzeugt wird, und eine damit einhergehende Reduktion der klimaschädlichen CO2-Emissionen sind die entscheidende Basis für die Entwicklung einer zukunftsfähigen Gesellschaft. Erfolge dieser Entwicklung sind bereits messbar: Erneuerbare Energien sind in Deutschland kein Nischenprodukt mehr, sondern inzwischen die stärkste Säule der Stromversorgung. Ihr Anteil beläuft sich derzeit auf rund 25 Prozent – Tendenz steigend. Zugleich werden unsere Gebäude immer effizienter; bereits im Jahr 2019 soll ein Großteil der Neubauten mehr Energie erzeugen als verbrauchen.

Diese Entwicklung ist eine Gemeinschaftsleistung, zu der viele Akteure beitragen: Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner ebenso wie Bauherren und Investoren, Anlagenhersteller, Systemdienstleister und natürlich die vielen großen, mittleren und kleinen Energieerzeuger. Der Bogen spannt sich von einzelnen Fotovoltaikanlagen auf Dächern oder an Fassaden unserer Gebäude über großflächige Solaranlagen im Landschaftsraum, die Nutzung von Geothermie, Biomasse und Wasserkraft bis hin zu räumlich wirksamen Windenergieanlagen. Und auch unsere Gebäude werden als dezentrale „Kraftwerke“ einen signifikanten Beitrag zur Energieversorgung mit regenerativen Energien leisten.

All dies hat gravierende Auswirkungen auf das Erscheinungsbild der Städte und Dörfer, auf das Landschaftsbild und den Charakter ganzer Regionen. Energieinfrastruktur gleich welcher Größenordnung prägt das gebaute Gefüge und den Landschaftsraum. Es ist offensichtlich, dass all diese Maßnahmen nur dann die notwendige Akzeptanz finden werden, wenn es gelingt, das Erscheinungsbild, den Charakter und die Identität von Gebäuden, Orten und Regionen und die besonderen Qualitäten des bebauten und unbebauten Raumes zu bewahren und zugleich behutsam weiterzuentwickeln.

Umso mehr benötigen wir für das Gelingen der Energiewende die hohe Innovationsfähigkeit des Berufsstands der Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner, gepaart mit dem gesellschaftlichen Konsens, dass die Energiewende zwar mühevoll ist, vor allem aber Chancen und Potenziale bietet – nicht zuletzt für die Baukultur.

Gemeinsam mit Bürgern, Investoren und politischen Entscheidungsträgern in ganz Bayern wollen wir die Herausforderungen der Energiewende aktiv, mutig und kraftvoll angehen. Die bayerischen Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner sind bereit, ihren Teil der Verantwortung zum Gelingen der Energiewende zu übernehmen!

Dazu sollen die in dieser Publikation sicher nicht abschließend aufgeführten Positionen wertvolle Leitlinie und Impulsgeber sein.

Allen, die sich an der Erarbeitung der Positionen zur Energiewende mit großem, größtenteils ehrenamtlichem Engagement beteiligt haben, gilt mein besonderer Dank!

Bayerische Architektenkammer