Bundeskabinett beschließt Gebäudetyp-e-Gesetz

Bayerische Architektenkammer begrüßt die Reform des Bürgerlichen Gesetzbuches


Der durch Bundesjustizminister Buschmann vorgelegte Entwurf zur Umsetzung des Gebäudetyp-e im Architekten- und Bauvertragsrecht wurde am 06.11.2024 durch das Kabinett beschlossen. Damit ist ein wesentlicher Schritt für die Umsetzung des Gebäudetyp-e auf Bundesebene getan. Die Bayerische Architektenkammer, die den Planungsansatz zur Vereinfachung des Bauens angestoßen hat, freut sich, dass Planerinnen und Planer die Änderungen nun konkret anwenden können.
Das Gebäudetyp-e-Gesetz geht jetzt in das parlamentarische Verfahren und wird voraussichtlich im Frühjahr 2025 in Kraft treten.

Der Planungsansatz Gebäudetyp-e reduziert die Normenflut und schafft Handlungsspielräume beim Planen und Bauen. „Einfaches“ oder „experimentelles“ (Um)Bauen nach dem Gebäudetyp-e ist suffizient und damit kostengünstiger und nachhaltiger. Angesichts hoher Baukosten und Wohnraummangels war eine Reform des Bürgerlichen Gesetzbuches dringend notwendig. Mit der Änderung von §§ 650 a ff BGB wird fachkundigen Unternehmen und ihren Planern ermöglicht, gezielt für das jeweilige Vorhaben Vereinbarungen zu treffen. Technische Normen und Regeln, die ausschließlich Komfort- oder Ausstattungsmerkmale betreffen, sind künftig ohne ausdrückliche Vereinbarung nicht mehr Gegenstand der vertraglichen Leistungspflicht. Dies betrifft auch solche Normen und Regeln, die in einer Rechtsverordnung bestimmt werden, weil sie die Nutzung von innovativen, nachhaltigen oder kostengünstigen Bauweisen erheblich erschweren.

In Bayern gilt bereits seit August 2023 ein „Recht auf Abweichung“ in Art. 63 der Bayerischen Bauordnung. Im Dezember 2023 starteten nach einem Beschluss des Bayerischen Landtags 19 Pilotprojekte in Bayern, die den Gebäudetyp-e in der Praxis erproben und weiteren Regulierungsbedarf identifizieren. Auf Bundesebene wurde entsprechend dem bayerischen Modell die Musterbauordnung angepasst.

Prof. Lydia Haack, Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer:
„Die Bayerische Architektenkammer hat mit viel Elan und Ausdauer auf die Umsetzung ihrer Initiative hingewirkt, wir sind froh und stolz, dass das Gesetz nun kommen wird. Mein Dank gilt an dieser Stelle allen, die uns dabei auf Bundes- und Landesebene unterstützt haben, vor allem der Bundesarchitektenkammer und den Bayerischen Staatsministerien für Wohnen, Bau und Verkehr sowie der Justiz. Damit wird das Bauen in Deutschland insgesamt schneller, einfacher und kostengünstiger.“

Wunsch der Architektenkammer ist es, dass die in Bayern laufenden Pilotprojekte nun bundesweit Schule machen und einen neuen, vereinfachten Standard setzen. Es bleibt zu hoffen, dass die amtierende Bundesregierung das Vorhaben auf den letzten Metern zielgerichtet zu Ende führt. Entscheidend ist aber auch, dass die Rechtsverordnung für die Normen, deren Einhaltung dann nicht mehr automatisch vertraglich geschuldet ist, noch mutig und entschlossen auf den Weg gebracht wird.

Hintergrund
Architekten tragen beim Planen und Bauen die Verantwortung für ein mangelfreies Werk. Neben dem Bauordnungsrecht definieren die sogenannten „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ den Mindeststandard, unter dem ein Werk als mangelfrei gilt. Architekten sehen sich einer Vielzahl von Normen gegenüber, die sie bislang als Mindeststandard einhalten müssen, um nicht für ein mutmaßlich mangelhaftes Werk haften zu müssen. In vielen Bereichen ist der Mindeststandard zu einem hohen Komfortanspruch herangewachsen, etwa bei hohen Anforderungen im Schallschutz oder bei der technischen Gebäudeausstattung. Das enge Normenkorsett beinhaltet inzwischen über 3.900 baurelevante Normen, die das Bauen über die Maßen komplex und teuer machen.

Der Planungsansatz „Gebäudetyp-e“ der Bayerischen Architektenkammer ermöglicht Architektinnen und Architekten mehr Handlungsfreiheit beim Bauen, Umbauen und Sanieren. Er orientiert sich primär an den Schutzzielen der bayerischen Bauordnung, die eingehalten werden müssen: Brandschutz, Standsicherheit, Nachhaltigkeit/Wärmeschutz und Barrierefreiheit. Darüberhinaus sind durch den Gebäudetyp-e viele Vereinfachungen möglich, denn Bauherren, Architekten und Bauunternehmer sind nicht mehr gezwungen, sich an das umfassende Normenkorsett zu halten: Sie können miteinander vereinbaren, welche Normen für ihr Projekt hinreichend sind.

Vorhaben, die sich an das Leitbild des Gebäudetyp-e halten, zeichnen sich durch ein hohes Maß an Suffizienz und konstruktiver Intelligenz auf allen Ebenen aus. Konstruktionen sind einfach gehalten, flächensparend, haben ein hohes Maß an Gebrauchstauglichkeit und sind low-tech statt high-tech. Umbaumaßnahmen und Sanierungen im Bestand werden einfacher und Bauvorhaben insgesamt klimaschonender und kostengünstiger.