Totalübernehmer-Vergaben

Gefahr für den Mittelstand

Totalübernehmervergaben: Gefahr für den Mittelstand – Gefahr für die Qualität beim Planen und Bauen

Die Vertreterversammlung der Bayerischen Architektenkammer ruft öffentliche Auftraggeber auf, künftig auf General- bzw. Totalübernehmervergaben zu verzichten.

Die Vertreterversammlung der Bayerischen Architektenkammer, das „Parlament“ der Architektenschaft, appellierte am 27. November 2020 an die Vorbildfunktion der Bayerischen Staatsregierung beim Planen und Bauen. Faire Vergabeverfahren, insbesondere Architektenwettbewerbe, seien zu stärken sowie kleinere Büros und Berufsanfänger angemessen zu beteiligen. Gleichzeitig fordert das Architektenparlament, staatliche und kommunale Bauverwaltungen finanziell und personell besser auszustatten.

Die Vertreterversammlung folgt mit ihrem Beschluss einem Antrag des BDA Bayern e.V. und unterstreicht damit die Dringlichkeit des kürzlich von der Bayerischen Architektenkammer gemeinsam mit der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau und dem Landesverband der Bayerischen Bauinnungen veröffentlichten Plädoyers für die Trennung von Planung und Ausführung

„Eine zusammengefasste Vergabe von Planungs- und Bauleistungen wird der bewährten und krisenfesten Struktur, der Kompetenz des planenden Mittelstands und der Innovationskraft von kleineren Büros und Berufsanfängern in keiner Weise gerecht. Das von öffentlichen Auftraggebern immer wieder vorgetragene Argument, General- und Totalübernehmervergaben führten zur Verringerung von Planungs- und Baukosten und mehr Termintreue, ist empirisch nicht belegbar. Praktisch führen diese Verfahren dagegen zur Auflösung einer transparenten und funktionierenden Kooperation von Planern und ausführenden Unternehmen gerade bei komplexen Großprojekten. Und sie schaden dem bayerischen Mittelstand, da nur wenige und meist nicht in Bayern ansässige Generalunternehmer zum Zug kommen“ so Kammerpräsidentin Christine Degenhart. Bei sog. General- oder Totalübernehmervergaben werden Architekten, Landschaftsarchitekten und Innenarchitekten als weisungsgebundene Dienstleister durch den Auftragnehmer beauftragt. Ihrer Aufgabe als unabhängige Berater und Treuhänder des Bauherrn können sie damit nicht mehr nachkommen, was zu Lasten der Qualität des Projektes geht. „Öffentliche Auftraggeber verzichten damit auf die Chance, alle Angebote hersteller- und produktneutral vergleichen zu können und schwächen damit ohne Not ihre eigene Position als Bauherr“, so Degenhart weiter.

Um auch in Zukunft die Vielzahl von anstehenden Bauaufgaben bewältigen können, bedarf es aus Sicht der Architektenschaft einer besseren personellen und finanziellen Ausstattung der staatlichen und kommunalen Bauverwaltungen. „Auch ein verstärkter Einsatz der Expertise von Architekten in den Bauverwaltungen ist notwendig“, ergänzt Degenhart. Denn nur dann funktioniere ein enges und partnerschaftliches Zusammenwirken aller Projektbeteiligten auf Augenhöhe.