04/2020 Gesunde Innenraumluft – Qualitätskontrolle durch Raumluftmessung?

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Photo by Donna Lay on Unsplash

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Alles was gegen die Natur ist, hat auf Dauer keinen Bestand.“

                                      Charles Darwin

 

 

Gesunde Innenraumluft - Qualitätskontrolle durch Raumluftmessung?

 

Zunehmend wünschen Bauherren eine möglichst schadstoffarme Baustoffwahl für eine gesunde Innenraumluft. Insbesondere öffentliche Auftraggeber veranlassen daher häufig bei Neubauten oder größeren Renovierungen eine entsprechende Qualitätskontrolle durch Raumluftmessung vor Nutzungsaufnahme (sog. Freigabemessung). Auf diese Weise soll der Erfolg der vorangegangenen Maßnahmen - also der Einsatz möglichst emissionsarmer Materialien - geprüft und dokumentiert werden. Durch die Ankündigung und Durchführung von Messungen soll allen Baubeteiligten von Anfang an die Ernsthaftigkeit der gewünschten Material- und Raumluftqualitäten vermittelt werden. Den späteren Nutzern wiederum soll sie ein Gefühl der Sicherheit geben und damit zu einer entspannteren Arbeits-, Wohn- oder Lernatmosphäre beitragen. Auf der Website der Stadt München, die alle städtischen Gebäude "freimessen" lässt, kann man beispielsweise die Zusammenfassungen aller Messergebnisse - nach Straßennamen sortiert - herunterladen. Trotzdem wird der Nutzen von Raumluftmessungen auch immer wieder angezweifelt. Die Grenzwerte seien zu hoch angesetzt, der Raumverschluss über 8 Stunden durch Lüften einfach zu unterwandern oder eine Messung vor der losen Möblierung nicht hilfreich.

Welche Grenzwerte werden zur Beurteilung der Messergebnisse herangezogen?

In der Regel stützt sich die Innenraumluftmessung mindestens auf die Festlegungen des AIR (Ausschuss für Innenraumrichtwerte) des Umweltbundesamtes (UBA). Dabei handelt es sich um Richt- oder Leitwerte. Gesetzlich verbindliche Grenzwerte für Raumluft gibt es nicht. Die Richtwerte des UBA werden bei Bedarf auch bei gerichtlichen Auseinandersetzungen herangezogen. Ergänzend dazu hat die AGÖF (Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute e. V.) eine Liste mit Orientierungswerten erstellt, die deutlich mehr Stoffe enthält und in der Regel auch niedrigere Richtwerte. Die AGÖF-Werte werden von Sachverständigen ebenfalls zur Beurteilung herangezogen, beispielsweise bei ungeklärten Beschwerden wie häufigen Kopfschmerzen.

Wann und wie wird gemessen?

Normalerweise werden die bau-fertigen Räume einschließlich aller Einbaumöbel, aber noch vor Einbringen der losen Möblierung gemessen. Zwischen Bau-Feinreinigung und Messung sollten mindestens 14 Tage liegen. Im Idealfall liegt der letzte Baustoffeintrag zusätzlich noch weitere 14 Tage zurück. Bis zur Messung sollten die Räume gut temperiert und vor allen Dingen gut gelüftet werden. Denn besonders in der Anfangsphase ist selbst bei sehr emissionsarmen Produkten immer mit geringen Emissionen zu rechnen. Die Messung vor der losen Möblierung macht insofern Sinn, als dass man nur so den Bau selbst mit seinen fest verbauten Materialien "frei"-messen kann. Natürlich wird die Raumluft später durch die lose Möblierung, die Raumnutzer und ihre Utensilien weiter beeinflusst. Auch bei der Möbelauswahl sollte man daher auf möglichst schadstoffarme Produkte achten. Eine zweite Messung nach der losen Möblierung wird selten standardmäßig, sondern eher zur Abklärung von Beschwerdefällen durchgeführt. Die Messung selbst findet in der Regel zunächst im "Ausgleichszustand" statt, d. h. nach mindestens acht Stunden Verschluss des zu messenden Raumes. Anschließend wird meist noch unter "gebäudetypabhängigen Nutzungsbedingungen" gemessen, also z.B. mit eingeschalteter Lüftungsanlage oder nach Stoßlüften und 45 Minuten Verschluss.

Wie wird sichergestellt, dass die Messung nicht manipuliert wird?

Seit einigen Jahren ist es nach Aussagen von Sachverständigen für Raumluftmessungen üblich, dass in den verschlossenen Räumen über den gesamten Messzeitraum ein sogenannter "Datenlogger" die verschiedenen physikalischen Raumluftwerte kontrolliert und dokumentiert. Eine Beeinflussung des Raumklimas, z. B. durch unzulässiges Lüften, ist dadurch nicht mehr unerkannt möglich. Die Messung entspricht dann nicht mehr den Vorgaben und muss wiederholt werden.

Für Fragen steht Ihnen die Beratungsstelle Energieeffizienz und Nachhaltigkeit zur Verfügung:
www.byak-ben.de

Autorin: Petra Wurmer-Weiss, BEN

Weiterführende Links

Zusammenfassungen aller Messberichte zu städtischen Gebäuden in München:
Link

Ausschuss für Innenraumrichtwerte (AIR) des Umweltbundesamtes (UBA), Infos und Richt- und Leitwerte für die Innenraumluft:
Link

Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Forschungsinstitute (AGÖF) e.V., Infos und Orientierungswerte für die Innenraumluft:
Link

Leitfaden des UBA zur Innenraumhygiene in Schulen (2008):
Link

Flyer des UBA „Besser lernen in guter Luft“ (2018):
Link

Beratungsstelle Energieeffizienz und Nachhaltigkeit – BEN:
Link

 


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