22/03/2021 Tag des Wasser

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Prinzip der Schwammstadt aus dem Leitfaden "wassersensible Siedlungsentwicklung", STMUV 2021

Prinzip der Schwammstadt aus dem Leitfaden "wassersensible Siedlungsentwicklung", STMUV 2021

"Das Prinzip aller Dinge ist Wasser; aus Wasser ist alles,
und ins Wasser kehrt alles zurück."

Thales von Milet, griechischer Philosoph

 

Unser Klima wandelt sich – stetig und zunehmend spürbar.

Als Folge des Klimawandels werden die prognostizierten Jahresmitteltemperaturen auch weiterhin ansteigen. Stadt- und Siedlungsräume drohen im Sommer lebensbedrohlich zu überhitzen, Dürren oder Hochwasser häufen sich. Auch in Bayern stellen sich Veränderungen der Temperaturen und Niederschläge im Jahresverlauf ein, die grundlegende Paradigmenwechsel in der Stadtplanung notwendig machen. So ist eine Tendenz zu weniger Niederschlägen im Sommer und zugleich größeren Mengen im Frühjahr oder Winter zu erkennen. Hitzewellen, Trockenperioden und Extremwetterereignisse, z.B. Starkregen, wechseln sich ab. Überflutungsrisiken nehmen zu und erzeugen neue Spannungsfelder zwischen Klimawandel und Stadtplanung.

Der Wachstumsdruck in Ballungsräumen vergrößert diese Spannungsfelder zusätzlich durch die entstehende Konkurrenz von Frei-, Siedlungs- und Verkehrsflächen. Ein zukunftsorientierter Umgang mit Niederschlagswasser in der kommunalen Planung braucht folglich veränderte Denkweisen in der Entwicklung wie auch in der Erneuerung von Städten und Gemeinden. Eine klimawandelgerechte Stadtplanung stellt deshalb eine flächensparende und energieeffiziente Innenentwicklung in den Vordergrund.
Darüber hinaus ist jedoch eine integrierte und wassersensible Planung von Städten, Siedlungen und Freiräumen im Sinne einer doppelten Innenentwicklung erforderlich.

Wassersensible Stadtplanung

Alle Maßnahmen und Methoden der wassersensible Stadtplanung folgen dem Prinzip der Schwammstadt. Eine dem Leitbild der Schwammstadt entsprechende Planung hat zum Ziel, den natürlichen hydrologischen Kreislauf aus Niederschlag, Versickerung sowie Verdunstung möglichst wenig zu stören und gleichzeitig Wasser gewinnbringend in der gebauten Umwelt zu nutzen. Zu diesem Zweck werden ortsnahe Lösungen mit deutlich reduziertem Oberflächenabfluss sowie erhöhten Versickerungs-, Speicherungs- und Verdunstungsmöglichkeiten eingesetzt.

Die Reduktion von versiegelten Flächen sowie ein erhöhter Grünanteil, auch an Dächern und Fassaden, ermöglichen eine schwammartige Zwischenspeicherung von Niederschlagswasser und eine verbesserte Verdunstung, die dem Stadtklima durch adiabate Kühlung (Wasserverdunstung) im Sommer zu Gute kommt. Entwässerungssysteme werden dadurch wirksam entlastet, die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum spürbar verbessert.

Kern der wassersensiblen Stadtplanung ist eine dezentrale Regenwasserbewirtschaftung, die im Umgang mit Starkregen auch kontrollierte Überflutungen von Verkehrs- und Freiflächen zur Zwischenspeicherung mit einbezieht. Neben entsprechender Objektschutzmaßnahmen sowie anderer Dimensionierungen in der Siedlungswasserwirtschaft, bedarf dieser Ansatz letztlich auch geänderter Sehgewohnheiten beim Ablesen des öffentlichen Raums im Hinblick auf seine Funktion und Materialität.

Schwammstadtprinzip

Das Schwammstadtprinzip berücksichtigt drei Planungsgrundsätze:

  • temporärer, oberflächlicher Rückhalt von Niederschlagsspitzen
  • Speicherung und Nutzung des Niederschlagswassers in Grün- und Blauräumen sowie Rückhaltebereichen
  • Ableitung in Systeme der Siedlungswasserwirtschaft

Geeignete Maßnahmen zur Umsetzung dieser Grundsätze sind z.B. die Schaffung von Versickerungsflächen, Überflutungsmulden oder multifunktionalen Rückhalteflächen. Eine zielgerichtete Regenwasserspeicherung und -nutzung lässt sich außer durch konsequente Verfolgung von Begrünung im öffentlichen Raum auch durch Einbeziehen von Gebäude- und Dachbegrünungen realisieren. Technische Einrichtungen, z.B. Baumrigolen, ermöglichen die Speicherung und Nutzung des Wassers als Ressource. Eine offene Ableitung von Niederschlagswasser über Verkehrsflächen stellt zudem eine kostengünstige Möglichkeit einer kontrollierten Notentwässerung bei außergewöhnlichem Starkregen dar.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass durch eine integrierte Betrachtung von grüner und blauer Infrastruktur im Rahmen einer wassersensiblen Stadtplanung, Wasser als Ressource für eine lebenswerte und zukunftsfähige Stadt zur Verfügung steht.

Mehr Informationen hierzu finden Sie im kürzlich erschienenen Leitfaden "Wassersensible Siedlungsentwicklung" des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV). Darüber hinaus stehen Ihnen die Beraterinnen und Berater der Beratungsstelle Energieeffizienz und Nachhaltigkeit (BEN) gerne für weitere Fragen zur Verfügung.

Autor: M.Sc. Gero Suhner, Architekt und Berater der BEN

Weiterführende Links

Leitfaden "Wassersensible Siedlungsentwicklung", STMUV
Link

"Untersuchung der Potentiale für die Nutzung von regenwasser zur Verdunstungskühlung in Städten", UBA
Link

"Werkzeugkasten Artenvielfalt", Leitfaden für mehr Grün an öffentlichen Gebäuden, StMB
Link

[Die Links wurden zuletzt am 19.03.2021 geprüft]

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1 Kommentare

Martin Zeumer

13. Oktober 2022

Die Chancen der Schwammstadt in der Stadtentwicklung sind hoch. Dazu braucht es aber die angesprochene integrierte Betrachtung. Wir würden uns freuen, wenn die Prinzipien der Schwammstadt (https://www.altbau-neu-gedacht.de/2022/10/12/die-schwammstadt/) vermehrt in der Stadtplanung und in lokalen Bauprojekten umgesetzt werden würden.