Bayerische Architektenkammer
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Vergabesystematik Serielles Bauen (ByAK/BAK)
Serielles, modulares und systemisches Bauen (smsB)

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Die Bundesstiftung Bauakademie (BSBA) erarbeitet im Auftrag des Bündnisses bezahlbarer Wohnungsbau Vorschläge zur Erleichterung des seriellen, modularen und systemischen Bauens (smsB). Damit verbunden ist die Einschätzung, dass smsB möglicherweise eine positive Wirkung auf Termine, Kosten und Prozesse bewirken kann.
Eingebunden in die Erarbeitung der Vorschläge waren relevante Akteure der Bauwirtschaft, die in Working Groups verschiedene Aspekte der mit dem seriellen Bauen verbundenen Prozesse diskutiert haben, um der genannten Zielsetzung „Schaffung von bezahlbarem Wohnungsbau“ zu entsprechen.
Ein wesentlicher Hebel wird in einer Anpassung des bestehenden Vergaberechts gesehen, wobei hier die Auffassung kursiert, dass das smsB bei einer losweisen Vergabe nur sehr bedingt stattfinden kann, da Module regelmäßig gewerkeübergreifend hergestellt werden und deshalb eine losweise Vergabe einzelner Gewerke einer integrierten smsB-Lösung entgegensteht.
Vom Grundsatz der losweisen Vergabe abzuweichen ist innerhalb der gegenwärtigen Gesetzeslage schon jetzt möglich, allerdings nur, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Eine Änderung des Vergaberechts wäre demnach nicht zwingend erforderlich.
Ohne Anwendung von Verfahren, die eine systemunabhängige baukulturelle Qualität sicherstellen, wiederholen sich städtebauliche und architektonische Fehlentwicklungen der 60er- und 70er-Jahre. Dies ist mit einer Vergabe sämtlicher Leistungen an einen Totalübernehmer ohne unabhängige Planung absehbar.
Um diese Fehlentwicklung auszuschließen, sollten smsB-Verfahren bei der Verwendung öffentlicher Gelder an klar definierte Bedingungen geknüpft sein. Eine zentrale Bedingung muss ein vorgeschaltetes Verfahren zur Sicherung der städtebaulichen und architektonischen Qualität sein. Freiberuflich tätige Architekten in der Rolle des unabhängigen Treuhänders ihres Bauherrn sind dann u.a. Garant für die Qualitätssicherung der Prozesse, da sie in keinem Abhängigkeitsverhältnis zu einem Systemanbieter stehen.
Dazu muss der Auftraggeberin (z.B. eine Kommune oder eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft) notwendigerweise ein in einem qualifizierten Verfahren ausgewähltes unabhängiges Architekturbüro zur Seite gestellt werden, welches das Verfahren begleitet.
Insbesondere ist darauf zu achten, dass nicht nur der Preis, sondern mindestens gleichrangig auch die Qualität Vergabevoraussetzung ist.
Die Bayerische Architektenkammer (ByAK) und die Bundesarchitektenkammer (BAK) sprechen sich hier dezidiert gegen eine generelle Aufhebung des Grundsatzes der losweisen Vergabe aus, die zum Ziel hätte, eine funktionale Ausschreibung ohne weitere Begründung für alle Bauaufgaben zuzulassen.
An einer mittelstandsfreundlichen losweisen Vergabe muss im Regelfall weiterhin festgehalten werden, zumal u.E. serielles, modulares und systemisches Bauen auch in Zukunft einen Sonderfall darstellen wird.
Individuelle lokale Gegebenheiten lassen im Regelfall eine solche Bauweise gar nicht zu und in heterogenen Bestandssituationen ist das smsB nicht ohne Weiteres oder nur in Teilbereichen anwendbar.
Dennoch können Möglichkeitsfenster sinnvoll sein, die es öffentlichen Auftraggebenden bei bestimmten Typologien (z.B. Wohnheime) erleichtern, unter definierten Voraussetzungen vom Grundsatz der losweisen Vergabe abzuweichen und funktional auszuschreiben.
Voraussetzung für eine funktionale Ausschreibung muss dann sein (so hat es sich in der Praxis bewährt), dass eine unabhängige freischaffende Architektin oder ein Architekt
- über ein qualifiziertes VgV-Verfahren oder einen Wettbewerb im Vorfeld der Projektplanung zur unabhängigen Begleitung des Bauherrn beauftragt wird.
- auf Basis des Wettbewerbsergebnisses oder der Lösungsvorschläge aus dem VgV-Verfahren durch regelmäßige Übernahme der Planungsleistungen der Leistungsphasen 1 bis 4 die entwurflichen und genehmigungsrechtlichen Grundlagen erarbeitet. (Auf dieser Basis wird eine funktionale Ausschreibung zur Findung eines ausführenden Unternehmens (z.B. TU) durchgeführt. Systemanbieter können bereits beratend ab der Leistungsphase 2 eingebunden werden, insbesondere um die Systemanforderungen des Bieters im Entwurf zu berücksichtigen).
- nach Vergabe der für die Ausführung erforderlichen Leistungen das Projekt qualitätssichernd auf Basis von besonderen Leistungen in der LpH 8 bis zu Umsetzung begleitet.
Das mit der Ausführung beauftragte Unternehmen plant und erbringt seine Leistungen vollständig auf Basis der genehmigten Entwurfsplanung des Architekten oder der Architektin, beginnend mit der Ausführungsplanung bis zur schlüsselfertigen Übergabe.
Die Anforderungen des jeweiligen Bausystems wurden (ggf. beratend) bereits in der Leistungsphase 2 eingebracht, sodass eine reibungslose Umsetzung gewährleistet wird.
Bei der Vergabe der Ausführungsleistungen sollte in jedem Falle mindestens zu 50% die Qualität ausschlaggebend sein und nur zu maximal 50% der Preis.
Auch bei einer funktionalen Ausschreibung ist Serielles Bauen keine zwingende Konsequenz. Eine smsB-Lösung sollte nur dann zum Zuge kommen, wenn sie qualitativ und wirtschaftlich einer „konventionellen Lösung“ überlegen ist.
WICHTIG: Werden von mehreren Architektinnen oder Architekten ggf. Lösungsvorschläge vorgelegt, muss an geeigneter Stelle sichergestellt werden, dass diese angemessen vergütet werden.