Bayerische Architektenkammer
Körperschaft des Öffentlichen Rechts
Waisenhausstr. 4
80637 München
Telefon: 089 139880 – 0
Telefax: 089 139880 – 55
E-Mail: info@remove-this.byak.de
zurück
Haus Marteau
Lichtenberg
Haus Marteau
;
Foto:
Edward Beierle
Lounge/Kantine
;
Foto:
Edward Beierle
Lageplan
;
Foto:
Peter Haimerl
Schnitt
;
Foto:
Peter Haimerl
Haus Marteau
;
Foto:
Edward Beierle
Außenansicht Konzertsaal
;
Foto:
Edward Beierle
Erdgeschoss
;
Foto:
Peter Haimerl
Gartengeschoss
;
Foto:
Peter Haimerl
Übungsraum Nord
;
Foto:
Edward Beierle
Kantine
;
Foto:
Edward Beierle
Untergeschoss
;
Foto:
Peter Haimerl
Konzertsaal
;
Foto:
Edward Beierle
Eingang
;
Foto:
Edward Beierle
Haus Marteau
Das Haus Marteau ist eine Villa aus dem frühen 20. Jahrhundert. Ihr Baukörper liegt in einem Park, der sich harmonisch in die sanfte Hügellandschaft einbettet. Das Erdgeschoss und das neue Gartengeschoss der Villa wurden teilweise umstrukturiert, wobei der Keller um 60 cm vertieft wurde, um ein vollwertiges Stockwerk zu schaffen. Dieses bietet nun Platz für drei weitere Übungsräume, einer Lounge, einer Kantine und einem Foyer. Von dort wird der dritte Übungs- und Konzertsaal erschlossen.
Konstruktion, Materialität, Kosten, Freianlagen
Der Boden der Bibliothek wurde samt Fischgrätparkett entfernt und auf einer Betondecke neu aufgebaut. Kellerräume und Tanklager wurden ausgeräumt. Der Gerölluntergrund aus hartem Diabasgestein wurde abgetragen, die Wände abschnittsweise unterfangen. Neue Kassettentüren eingebaut und Decken mit akustisch wirksamen Stoffbespannungen versehen. Ein Gang verbindet Untergeschoss und Konzertsaal.
Jurybeurteilung
Architektur sei gefrorene Musik, meinte der Philosoph Arthur Schopenhauer. Das Raumbild, das Peter Haimerl
für den kleinen Konzertsaal von Haus Marteau in Lichtenberg entwarf, erweckt den Eindruck, als sei unbändiger
Krach zum Verstummen gebracht worden. Inmitten dieser Stille kann sich der Klang von Saiteninstrumenten
klar entfalten. Im Haus Marteau finden alljährlich Meisterkurse für angehende Profimusiker aus aller
Welt statt. Die Tradition geht zurück auf den Geigenvirtuosen Henri Marteau, der in seiner 1912/13 vom Schweizer
Architekten Hans Schwab erbauten Villa sogenannte Sommerakademien anbot. Abschlusskonzerte gab Marteau
in der örtlichen Sporthalle. Seit 1980 gehört das malerisch in einem großen Landschaftspark gelegene Haus samt
seiner historischen Einrichtung dem Bezirk Oberfranken. 1982 eröffnete die Internationale Musikbegegnungsstätte.
Jeder Raum, bis auf Marteaus Arbeitszimmer, wird seitdem zum Proben genutzt. Der holzgetäfelte Speisesaal
und die Bibliothek bildeten den intimen Rahmen der Abschlusskonzerte — eine Situation, die zunehmend als unzureichend empfunden wurde und Anbaupläne reifen ließ. Als Peter Haimerl aufgrund seines phänomenalen
Konzertsaals in Blaibach nach Lichtenberg gebeten wurde, gab es bereits Überlegungen, neben die
Villa ein Haus ähnlicher Größe zu stellen. Das wäre ein Frevel am denkmalgeschützten Park gewesen. Die einmalige,
malerische Situation des eingeschossigen, über markantem Steinsockel errichteten Landsitzes wäre
zerstört worden. Die historische Villa wäre selbst in Bedrängnis geraden. Die Idee, den Konzertsaal wie einen
Stollen in die seitliche Gartenböschung zu graben, verdankt sich der bergmännischen Lokalgeschichte. Der von
Alexander von Humboldt projektierte Friedrich-Wilhelm-Stollen befindet sich ganz in der Nähe auf Lichtenberger
Gebiet. Die kristalline Struktur von Flussspat kam dem Architekten in den Sinn. Er dachte an fliegende Steinsplitter,
ausgelöst von zwei entgegengesetzten Explosionen. Die Bilder überschlugen sich. Sie zu bauen, wurde extrem
aufwendig. Gute Akustik braucht Masse. Ein höhlenartiger, ungerichteter Proben- und Konzertsaal, in dem das Parkett der Spielfläche von aufsteigenden Sesselreihen flankiert wird, erfordert sehr spezielle Akustikelemente,
um Hall zu vermeiden. Rund 330 scharfkantig hinterschnittene, nur wenige Zentimeter dicke Granitplatten wurden
auf Stahlträgern zu spitzwinkligen Tetraedern unterschiedlicher Größe montiert. 33 dieser tonnenschweren
und bis zu 12 Meter langen „Splitter“ sind in der Betonhülle des Raums so verankert worden, dass ihre Flächen
und Kanten einen klaren, auf die Mitte konzentrierten Klangraum bilden. Das merkwürdige dabei: Die hinterleuchteten
Steinmassen wirken papierleicht. Die forcierte Dynamik der Komposition beruhigt sich. Kein Interpret
und kein Zuhörer wird abgelenkt. War schon der Bau des Übungs- und Konzertsaals eine handwerkliche
und logistische Herausforderung, so stieß der Ausbau des Kellergeschosses der Villa für drei weitere Übungsräume,
eine Lounge, eine Kantine und das Foyer überraschend auf Widerstand. 60 Zentimeter musste der
geräumte Keller abgesenkt werden, um ein vollwertiges Stockwerk zu gewinnen, einen Aufzug einzubauen und den barrierefreien Anschluss an den Konzertsaal herzustellen. Beim Aushub stieß man erst auf Geröll und dann
auf hartes Diabasgestein, das mühsam abgetragen werden musste. Um- und Anbau überzeugen funktional
und ästhetisch. Die Authentizität von Villa und Park wurde erhalten. Die Musizierenden können sich immer
noch so fühlen, als wären sie Privatgäste im Hause des berühmten Violinisten Henri Marteau zu Beginn des
20. Jahrhunderts. Gleichzeitig bietet ihnen der neue Saal erstklassige Bedingungen, sich im Stillen auf die Bühnen
der Welt vorzubereiten. (Text: Ira Mazzoni, Jurymitglied)
Standort
Lobensteiner Straße 4
Lichtenberg
-
Anerkennung
-
KategorieKategorie 2: 1900 - 1945
-
OrtLichtenberg
-
RegierungsbezirkOberfranken
-
TypologieKultur
-
FertigstellungJanuar 2022
-
Auszeichnungsjahr2025
-
Ursprungsbaujahr1912
-
BauherrBezirk Oberfranken , Bayreuth
-
Architektur
-
Mitarbeit
- Ulrich Pape
- Doris Astner
- Jutta Görlich
- Tomohide Ichikawa
-
Architektur
-
Denkmal / EnsembleDenkmal
-
MaßnahmeBauen im Bestand
- Anbau/ Erweiterung
- Sanierung/ Umbau/ Revitalisierung
- Erhalt/ Denkmalschutz
-
Besondere Qualitäten
- Kunst am Bau
- Modulbau