Die Architektin, der Architekt. Ein Beruf - viele Aufgaben
Ja das möchste: Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse, vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße; mit schöner Aussicht, ländlich mondän. Vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehn – aber abends zum Kino hast dus nicht weit.
Das Ganze schlicht, voller Bescheidenheit: Neun Zimmer, - nein, doch lieber zehn! Ein Dachgarten, wo die Eichen drauf stehn, Radio, Zentralheizung, Vakuum, eine Dienerschaft, gut gezogen und stumm…eine Bibliothek und drumherum Einsamkeit und Hummelgesumm …
— „Das Ideal“, Kurt Tucholsky
Das Wort Architektur (vom lateinischen architectura) bezeichnet im weitesten Sinne die handwerkliche Beschäftigung und die ästhetische Auseinandersetzung des Menschen mit dem gebauten Raum. Planvolles Entwerfen, Gestalten und Konstruieren von Bauwerken sind zentral für die Entstehung von Architektur, die seit jeher im Spannungsfeld zwischen Form und Funktion, Schönheit und Nutzen, Kunst und Zweck steht.
Die Architektur ist somit eine der ältesten Kulturformen. Ihr kommt eine entscheidende Rolle in unserer Gesellschaft zu, denn die Qualität der Bauwerke, ihre Einpassung in die Umgebung, die Achtung und Weiterentwicklung der natürlichen und städtischen Landschaft sowie des kollektiven und privaten Erbes prägen unsere Umwelt und unsere Gesellschaft und bestimmen Geschichte, Gegenwart und Zukunft mit.
Im Rahmen der Architektouren stellen Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner jährlich am letzten Juni-Wochenende ausgewählte Projekte vor. Alles Wissenswerte zu den Architektouren finden Sie hier.
Von den Anfängen bis heute
Nach Vitruv, der im ersten Jahrhundert vor Christus mit den „10 Büchern über die Architektur“ das erste architekturtheoretische Werk schrieb, umfasst die Architektur als „Mutter aller Künste“ die Baukunst und die Technik, also die Kunst des Baumeisters und des Ingenieurs. Die Errichtung von Burgen, Städten und Schlössern mit ihren Befestigungsanlagen, Wehrmauern und Schutzwällen, aber auch die Erfindung von Flugzeugen und Schiffen gehören zur Geschichte der Architektur ebenso wie der Bau von Häusern und Kirchen.
So ist der Architekt seit jeher mehr als ein Entwerfer und Künstler, er ist zugleich Erfinder, Techniker und Ingenieur. Heute ist er vor allem auch: Treuhänder des Auftraggebers, Hauptverantwortlicher am Bau, Koordinator im Prozess einer integrativen Planung, Gestalter der gebauten Umgebung und Garant für kontrollierte Qualität am Bau, das heißt für technische Perfektion, Schadensfreiheit, Wirtschaftlichkeit, Kostensicherheit und Terminsicherheit. Der Architekt entwickelt zudem energetische, ökologische und nachhaltige Konzepte, die er mit Hilfe verschiedener Fachingenieure umsetzt.
Ein Verzeichnis aller bayerischen Architekten finden Sie hier.
Bauen für die Gesellschaft
Architekten entwickeln und realisieren die gestaltende, technische und wirtschaftliche Planung von Bauwerken oder von städtebaulichen Aufgaben. Sie übernehmen Umbauten und Sanierungen, Neubauten, Wiederaufbauten und Erweiterungsbauten. Sie realisieren Wohnbauten und raumbildende Ausbauten, Industrie- und Gewerbebauten, Verwaltungs- und Geschäftsbauten, Gesundheits- und Fürsorgebauten, Unterhaltungs- und Erholungsbauten, Bildungs-, Kultur und Verkehrsbauten. Nachhaltigkeit und Energieeffizienz werden bereits beim Entwurf vom Architekten berücksichtigt. Die Beratung, Betreuung und die treuhänderische Vertretung der Bauherren steht dabei im Mittelpunkt der Arbeit.
Verkürzt dargestellt kann man die Leistungen von Architekten in drei Hauptbereiche einteilen:
- Die Entwurfsplanung, die der Architekt nach ersten Beratungen und Skizzen unter Beachtung der planungs- und baurechtlichen Vorgaben und finanziellen Möglichkeiten des Bauherrn anfertigt und bis zur Genehmigungsplanung weiter ausarbeitet.
- Die Ausführungspläne und Umsetzung des Entwurfs in Leistungsbeschreibungen, die die Grundlage für die Realisierung des Bauvorhabens bilden.
- Die Mitwirkung bei der Auftragsvergabe, die Objektüberwachung auf Grundlage der Ausführungsplanung mit Termin- und Kostenkontrolle, die Qualitätskontrolle vor Ort sowie die Abnahme und Kontrolle der Abrechnung der Bauleistungen in enger Abstimmung mit dem Bauherrn.
Bauen im Kontext
Im Rahmen der Stadtplanung entwickelt der Architekt die gestaltende, technische, wirtschaftliche, umweltgerechte und soziale Stadt- und Raumplanung und erarbeitet städtebauliche Pläne, unter anderem Flächennutzungs- und Bebauungspläne. Er achtet schon bei der Regional- und Stadtplanung auf einen nachhaltigen Umgang mit Energie und prüft, ob ein Baugebiet ökologisch organisiert ist.
Bei der Erstellung von Flächennutzungsplanungen berücksichtigt er:
- die zentralörtliche Bedeutung und Gemeindestruktur
- die Nutzungsvielfalt und Nutzungsdichte
- die Einwohnerstruktur, Einwohnerentwicklung und Gemeinbedarfsstandorte
- den Verkehr und die technische Infrastruktur
- die Topografie, Geologie und Kulturlandschaft
- die Umweltvorsorge und Schutzgebiete.
Bei der Erarbeitung von Bebauungsplänen beachtet er:
- die Nutzungsvielfalt und Nutzungsdichte
- die Baustruktur und Baudichte
- die Gestaltung und den Denkmalschutz
- den Verkehr und die technische Infrastruktur
- die Topografie und Landschaft
- die Umwelt und Natur
Die Ausbildung
Fachliche Qualifikation erfährt der Architekt zunächst durch den erfolgreichen Abschluss an einer Technischen Universität oder Technischen Hochschule, einer Hochschule oder Akademie.
Gegenstand des mindestens vierjährigen Studiums sind u.a.: Entwerfen, energieeffizientes und nachhaltiges Planen und Bauen, Baukonstruktion, Gebäudelehre, Tragwerkslehre, Baustoffkunde, technischer Ausbau, Städtebau, Grünplanung und Landschaftspflege, Baurecht, Bau- und Architekturgeschichte, Denkmalpflege, Baumanagement und CAD.
Studienabschlüsse können als Bachelor und Master erfolgen.
Die Gesetzeslage
Die Berufsbezeichnung "Architekt" darf in Bayern nur führen, wer als Architekt bei der Bayerischen Architektenkammer oder einer anderen Landesarchitekten- bzw. Stadtplanerkammer Mitglied ist. Dies ist durch das Bayerische Baukammerngesetz (BauKaG) geregelt. Eine Eintragung in die Architektenliste ist nur möglich, wenn man ein entsprechendes Studium erfolgreich abgeschlossen hat und eine mindestens zweijährige Berufspraxis nachweisen kann (Art. 4 Abs. 2 BauKaG).
Architekten rechnen ihre vertragsgemäß erbrachten Leistungen nach der "Honorarordnung für Architekten und Ingenieure" (HOAI) ab. Die HOAI ist als Rechtsverordnung der Bundesregierung für alle Architekten aber auch Auftraggeber bindend. Diese Gebührenordnung hilft dem Verbraucher, für geistig-schöpferische Leistungen, deren Preise er nicht kennt, vergleichbare Angebote zu erhalten.