Energiewende mit Architekten

Strategie der Bundesarchitektenkammer für einen klimaneutralen Gebäudebestand

Die frühere Bundesregierung war sich der Schlüsselrolle des Gebäudesektors bei der Energiewende bewusst und hatte ehrgeizige Einsparziele formuliert. Bis 2050 soll der Gebäudesektor klimaneutral sein. Die Energiewende wird zu Recht als gesamtgesellschaftliche Aufgabe dargestellt, aus der sich eine ganze Reihe von Herausforderungen ergeben.

Die Umsetzung kommt allerdings nur schleppend voran. Mit einer Sanierungsquote von 0,7% bleibt der Gebäudesektor in Deutschland weit hinter den Zielen zurück. Im Gegenteil: Wohnungswirtschaft und kommunale Spitzenverbände fordern eine Reduzierung von aus ihrer Sicht überzogenen Energiestandards. Das Gebäudeenergiegesetz blieb im Kabinett hängen. Hehre Vorsätze scheitern an der Realität: "Insgesamt werden die Auswirkungen der Energiewende von den Meinungsführern der Energiewirtschaft überwiegend kritisch gesehen", so das Fazit einer Studie der KPMG aus 2016.

Was hindert Gesetzgeber, Kommunen, Wirtschaft und Bauherren, die so positiv besetzte Aufgabe der Energiewende in die Praxis zu übersetzen? Was führt dazu, dass je nach Interessenlage das Ziel eines nachhaltigen Klimaschutzes zugunsten konkurrierender Sachverhalte so grundsätzlich zur Disposition gestellt wird?

Es ist die Komplexität der Aufgabe: Entscheidungsfindungsprozesse im Planen und Bauen sind bereits ohne die Zielsetzung der Energie- und Klimawende komplex – in der Stadtplanung durch neue Mobilitätskonzepte, die Einbeziehung der Stadtsoziologie, Bürgerbeteiligung, Smart City oder im Hochbau durch enormen Kostendruck, Anpassung an Demografie und vieles mehr.

Der Anspruch muss lauten: in einer innovativen Wissensgesellschaft müssen wir alle diese Ziele gleichzeitig erreichen! Unsere Aufgabe ist es, die daraus resultierende Komplexität für die verschiedenen Beteiligten handhabbar zu machen. Erst dann können Förderanreize ihre Wirkung entfalten. Es gilt, sich nicht auf Einzelaspekte zu beschränken, sondern die gesamten Anforderungen, notwendigen Einschränkungen, Chancen und Ideen im Blick zu behalten. Baukultur ist der Schlüssel für eine lebenswerte, soziale, ökologisch und ökonomisch verantwortliche und verträgliche Entwicklung unserer gebauten Umwelt. Für die notwendige Synthese von Baukultur und Energiepolitik sind ganzheitliches Denken und Planen gefragt. Genau hier liegt eine der Kernkompetenzen von Architekten.

Das vorliegende Papier führt die Positionen der Länderarchitektenkammern zu einer gemeinsamen Leitlinie zusammen. Es stellt offene Fragen zur Diskussion und unterbreitet Handlungsvorschläge, wie die Klimawende im Gebäudesektor in Schwung gebracht werden kann:

  • In der gemeinsamen Betrachtung von Energie mit Stadt, Quartier, Gebäudebestand und Kulturlandschaft.
  • In der detaillierten Betrachtung von Planungsinstrumenten und gesetzlichem Rahmen.
  • Im gesamtgesellschaftlichen Umgang mit den Klimaschutzzielen.

Die Bundesarchitektenkammer will als Vertreterin der Länderkammern damit einen zukunftsorientierten und optimistischen Beitrag zur bundespolitischen Debatte um die Energiewende liefern. Dieser wird sicher auch kontrovers diskutiert werden und mutige Entscheidungen erfordern im Spannungsfeld

  • der gesamtgesellschaftlichen Finanzierung des Klimaschutzes, z.B.durch eine CO2-Steuer, versus Partikularinteressen,
  • von grundsätzlicher Verpflichtungen für den Gebäudebestand, um dessen Potential zu aktivieren versus Laissez-faire,
  • von Nachweisverfahren in ganzheitlicherer Betrachtung mit Ökobilanzierung und Lebenszyklusanalysen versus Bürokratisierung,
  • abgeschichteter Energieberatung versus Verteilungskämpfe um Marktanteile.

Hier können Sie das BAK Positionspapier als PDF herunterladen.

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