Die Innenarchitektin, der Innenarchitekt. Ein Beruf - viele Aufgaben

Ja das möchste: Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse, vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße; mit schöner Aussicht, ländlich mondän. Vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehn – aber abends zum Kino hast dus nicht weit.

Das Ganze schlicht, voller Bescheidenheit: Neun Zimmer, - nein, doch lieber zehn!

— „Das Ideal“, Kurt Tucholsky

Ob privater Wohnungsbau, Verwaltungsbau oder Möbeldesign: Die Planung und Gestaltung von Innenräumen ist die primäre Aufgabe des Innenarchitekten. Dies gilt sowohl für Neubauten als auch für das Bauen im Bestand. Innenarchitekten planen von innen nach außen und sind auf die Entwicklung von Raumstrukturen und funktionalen Nutzungseinheiten spezialisiert. Sie gestalten mit Blick auf die Bedürfnisse und Wünsche des späteren Nutzers und integrieren auch soziale Aspekte in den Planungsprozess.

Im Rahmen der Architektouren stellen Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner jährlich am letzten Juni-Wochenende ausgewählte Projekte vor. Alles Wissenswerte zu den Architektouren finden Sie hier.

Von den Anfängen bis heute

Das Berufsbild des Innenarchitekten, wie es sich heute darstellt, hat sich erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt. Die Gestaltung von Innenräumen war bis dahin vor allem eine Aufgabe der Künstler, Baumeister und Kunsthandwerker und somit wenigen Privilegierten vorbehalten. Der zunehmende Wohlstand des Bürgertums führte jedoch zu höheren ästhetischen Ansprüchen an die Gestaltung des eigenen Wohnumfeldes.

Um die Jahrhundertwende gipfelte diese Entwicklung im Jugendstil. Mit ihm entstand eine Gestaltung, die alle Bereiche des Lebens als Gesamtkunstwerk einschloss. Als Reaktion auf die teilweise verspielten, ornamentreichen Dekore entwickelten sich in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts jedoch die ersten Gegenbewegungen, die sich für mehr Sachlichkeit und Strenge einsetzten: Der Deutsche Werkbund und das Bauhaus. Ab 1920 nimmt der Innenarchitekt zunehmend seine aktuellen Aufgaben wahr, seine Tätigkeiten konzentrieren sich aber noch hauptsächlich auf die Oberflächengestaltung (wie etwa Fußböden, Tapeten) und die Gestaltung von Möbeln.

Erst nach dem Krieg prägt sich das Berufsbild in seiner heutigen Vielseitigkeit aus. Der Hintergrund hierfür ist die Tradition des modernen, rationalen Bauens, die sich vor allem in den USA nach 1945 durchsetzt. Mit ihr entwickelt sich ein völlig neues Bewusstsein für die Verknüpfung von Innen und Außen.

Ein Verzeichnis aller bayerischen Innenarchitekten finden Sie hier.

Mensch im Raum

Planungsaufgaben von Innenarchitekten umfassen Bauten für Betreuung und Pflege, das Gesundheitswesen, Freizeit und Erholung, Handel, Hotel und Gastronomie, Ausstellungen, Ausbildung und Forschung, Kultur und Glaube, Verwaltung, Verkehr und Wohnen sowie Möbel-, Beleuchtungs-, Textil- und Objektdesign.

Sämtliche Bauaufgaben erstrecken sich von der Erstberatung zur Analyse des Bedarfs, der Bestandsaufnahme, Entwurfs-, Ausführungs- und Detailplanung, Baueingabe, Kosten- und Terminplanung und -überwachung, Koordination von Fachplanern, Ausschreibung der Handwerksleistungen, Prüfung von Angeboten, Vergabe, Abrechnung, Abnahme, Mängelbeseitigung und gegebenenfalls auch Dokumentation.

 Innenarchitekten…

… beraten bei der Entwicklung von Raumkonzepten, wobei die Farb-, Material- und Möbelauswahl sowie Beleuchtung und Akustik eine große Rolle spielen, um eine nutzungsorientierte und hochwertige Umgebung zu schaffen.

… entwerfen Räume für unterschiedliche Zielgruppen und Nutzungen. Sie entwickeln Konzepte für komplexe Bauaufgaben, da der finale Nutzwert eines Gebäudes zu großen Teilen in der innenräumlichen Funktion und Gestaltung liegt. Innenarchitekten generieren somit Mehrwerte: für Bauherren, für Nutzer, für Architekten.

… planen, koordinieren und überwachen Neubauprojekte und bauliche Aufgaben im Bestand: energetische Sanierungen oder statische Veränderungen von Gebäuden, bauliche Umgestaltungen von Fassaden, die technische Gebäudeausrüstung (TGA) sowie Akustikplanung. Nutzungsänderungen, Altbausanierungen, Um-, An- und Aufbauten sind ebenfalls Teil des Leistungsspektrums der Innenarchitekten.

 Innenarchitekten sind nach Art. 61 Abs. 4 Nr. 4 Bayerischer Bauordnung für die mit ihrer Berufsaufgabe verbundenen baulichen Änderungen von Gebäuden bauvorlageberechtigt.

Die Ausbildung

Die fachliche Qualifikation erfährt der Innenarchitekt durch den erfolgreichen Abschluss eines mindestens dreijährigen einschlägigen Studium mit dem Abschluss als Bachelor oder Master. Die Zulassung zum Studium erfolgt in der Regel über eine Eignungsprüfung. Im Studium können verschiedene Schwerpunkte wie zum Beispiel Produktentwurf, Messebau, Lichtplanung oder Szenografie gesetzt werden. Kompetenz und Qualifizierung erwerben sich Innenarchitekten auch durch Zweit- und Aufbaustudiengänge, permanente Weiterbildung und langjährige praktische Erfahrung. So kann sich das Leistungsspektrum beispielsweise um zertifizierte Beratung und Planung mit den Schwerpunkten Barrierefreiheit, Denkmalschutz oder energetische Sanierung erweitern. Ebenso umfassen die Fachplanungstätigkeiten u.a. Licht- und Akustikplanung, Facility Management, Marketing und Kommunikation, Machbarkeitsstudien vor Beginn der Planungsphase, ökologische und baubiologische Beratung, Projektsteuerung, Sachverständigenwesen, Koordinierung im Sicherheits- und Gesundheitsschutz. Ein weiteres Aufgabengebiet bietet neben dem klassischen Modellbau zudem die Spezialisierung auf computergestützte Visualisierungen und Animationen.

Die Gesetzeslage

Die Berufsbezeichnung „Innenarchitekt“ darf in Bayern nur führen, wer als Innenarchitekt bei der Bayerischen Architektenkammer oder einer anderen Landesarchitekten- bzw. Stadtplanerkammer Mitglied ist. Dies ist durch das Bayerische Baukammerngesetz (BauKaG) geregelt. Eine Eintragung in die Architektenliste der Fachrichtung Innenarchitektur ist nur möglich, wenn man ein entsprechendes Studium erfolgreich abgeschlossen hat und eine mindestens zweijährige Berufspraxis nachweisen kann (Art. 4 Abs. 2 BauKaG). 

Innenarchitekten rechnen ihre vertragsgemäß erbrachten Leistungen nach der "Honorarordnung für Architekten und Ingenieure" (HOAI) ab. Die HOAI ist als Rechtsverordnung der Bundesregierung für alle Innenarchitekten aber auch Auftraggeber bindend. Diese Gebührenordnung hilft dem Verbraucher, für geistig-schöpferische Leistungen, deren Preise er nicht kennt, vergleichbare Angebote zu erhalten.