Vorwort der Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer

Christine Degenhart

Mehr denn je sind Architektur, Innenarchitektur, Landschaftsarchitektur und Stadtplanung aufgefordert, die Chance zu ergreifen, unsere Zukunft nachhaltig und auch für kommende Generationen lebenswert zu gestalten. Die geeigneten Werkzeuge und Mechanismen sind prinzipiell bekannt, aber die Fragen nach dem Wie und dem Wieviel fordern nicht nur die globalisierte Gesellschaft heraus, sondern vor allem die Fachwelt.

Baukultur gilt als Spiegel der Gesellschaft, d.h. unsere gebaute Umwelt ist Ausdruck der jeweils aktuellen politischen und gesellschaftlichen Debatte. Derzeit bestimmen Klimaschutz, Globalisierung, Digitalisierung, weltweites Bevölkerungswachstum, Zuwanderung und soziales Miteinander diesen Diskurs. Bauliche Strukturen lösen Wechselwirkungen aus. Teilweise demonstrativ, teilweise subtil prägen sie unser Werteverständnis, den Umgang miteinander, unsere Beziehung zur Umwelt, unsere Identität. Zugleich fixieren bauliche Strukturen mittel- bis langfristig die Rahmenbedingungen für eine gesellschaftliche Entwicklung – bestenfalls stehen sie dann im Einklang mit der Natur und den natürlichen Ressourcen und bieten Potenziale für zukünftige Generationen.

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Zwar haben Maßnahmen zur dezentralen Energiegewinnung und zur Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden sowie zahlreiche technische Innovationen der letzten Jahrzehnte wesentlich zur Energieeinsparung und CO2-Reduzierung beigetragen, doch reichen diese Anstrengungen nicht aus, um globalen Veränderungsprozessen entgegenzuwirken und damit verbundene Nachteile zu vermeiden. In der Folge ist der Handlungsdruck auf Politik und Gesellschaft, aber auch auf jeden Einzelnen deutlich spürbar.

Daher gilt es, die relevanten Ansatzpunkte für unser Handeln zu identifizieren und zielgerichtete erforderliche Maßnahmen umzusetzen.

Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner können hierbei gemeinsam mit ihren Bauherren und Auftraggebern einen signifikanten Beitrag leisten – bezogen sowohl auf den großen, übergeordneten Maßstab, als auch auf das einzelne Objekt.

Wohlkonzipierte räumliche und bauliche Strukturen sparen Strom und Wärme, setzen erneuerbare Energien wirksam ein, gehen schonend mit verfügbaren natürlichen Ressourcen um und fördern das soziale Miteinander. Sie schaffen neue Mobilitäts- und Lebensszenarien, stiften Identität und helfen, nachteilige Verhaltensmuster im Sinne der Suffizienz zu überdenken. Durch frühzeitige konzeptionelle und gestalterische Weichenstellungen kann es Architekten gemeinsam mit weiteren Fachplanern und Bauherren gelingen, die Nachhaltigkeit von Gebäuden wesentlich zu beeinflussen und zugleich einen Beitrag zur Baukultur zu leisten. Projekte werden dadurch zur echten Zukunftsinvestition, die unter Betrachtung des Lebenszyklus auch einen erheblichen wirtschaftlichen Mehrwert für alle Beteiligten bieten kann.

Ganzheitliche Betrachtung baulicher Strukturen im gesellschaftlichen Kontext ist eine Kompetenz, die Architekten zu Recht für sich beanspruchen. Sie verbinden ökologische, soziale, ökonomische, funktionale und gestalterische Aspekte und unterstützen die Abstimmung und Harmonisierung partikularer und öffentlicher Interessen. Selbstverständlich gehören auch Partizipationsprozesse, die von den Mitgliedern der Bayerischen Architektenkammer aktiv begleitet werden können, zu diesem Angebot. Doch die erforderlichen Prozesse des nachhaltigen Bauens sind komplex – fachliche Kompetenz
ist mehr denn je gefordert.

Die Bayerische Architektenkammer gibt daher allen am Bauprozess Beteiligten den vorliegenden Leitfaden „Nachhaltigkeit gestalten“ als Hilfestellung an die Hand. Die Publikation zeigt auf, wie Energieeffizienz und Nachhaltigkeit von Gebäuden erfolgreich entworfen, geplant und umgesetzt werden können. Sie bietet konkrete Handlungsvorschläge und dient damit in unser aller Interesse als Inspiration für gemeinsames Handeln.

Christine Degenhart
Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer

Vorwort der Bayerischen Staatsministerin für Wohnen, Bau und Verkehr

Ilse Aigner

Nachhaltigkeit steht auf der politischen Agenda ganz oben. Der Begriff der Nachhaltigkeit hat sich seit einigen Jahren als Leitbild für eine vorausschauende Entwicklung mit Verantwortungsbewusstsein gegenüber nachfolgenden Generationen etabliert. Das macht Nachhaltigkeit zu einer Querschnittsdisziplin und ihre Umsetzung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Auf dem Gebiet des Bauens beschäftigt sich die Diskussion über Nachhaltigkeit oft nur mit quantitativen Gesichtspunkten wie beispielsweise dem Energieverbrauch, Dämmstärken oder Lüftungswärmeverlusten. Diese scheinen unvereinbar mit qualitativen Aspekten wie Wohlbefinden, Formensprache oder Baumaterialien zu sein. Sie sind es aber nicht.

Mit der Publikation „Nachhaltigkeit gestalten“ hat die Bayerische Architektenkammer einen Leitfaden entwickelt, der Bauherrn und Planer unterstützt. Er hilft, das Bewusstsein für Nachhaltigkeit beim Bauen und Sanieren zu schärfen. Der Leser erhält einen wertvollen Überblick über die Chancen nachhaltigen Handelns und bekommt einen Fahrplan für den Weg vom ersten Konzept bis zur Nutzungsphase an die Hand. Er wird ermutigt, den Mehrwert im Zusammenwirken von Nachhaltigkeit und Baukultur zu sehen. Ich begrüße das sehr.

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Gestalterische, technische, funktionale, soziokulturelle, ökologische und Wirtschaftliche Qualitätsmerkmale lassen sich unter dem Überbegriff Baukultur zu einer ausgewogenen Gesamtqualität verbinden. Gestalten als kreativer Schaffensprozess ist durch das Zusammenspiel von Architektur, Freiraumplanung, Orts- und Stadtplanung, Bodenmanagement und Bürgerbeteiligung ein Bestandteil nachhaltigen Handelns.

Die Vereinbarkeit von Nachhaltigkeit und gestalterischen Qualitäten ist Aufgabe der Planer und der am Bau Beteiligten. Ein gekonnter Entwurf und ein beständiges Produkt sind grundlegende Voraussetzungen für ein nachhaltiges Vorhaben. Entscheidend ist außerdem, dass die Ausführungsqualität den planerischen Zielvorgaben gerecht wird.

Das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr geht die Herausforderungen einer komplexer werdenden Welt an und steht zu seiner Verantwortung gegenüber unserer Heimat. Nachhaltigkeit ist unsere Richtschnur für Konzeption, Planung und Umsetzung von Bau- und Verkehrs- oder Förderprojekten. Der Austausch der Fachdisziplinen und der Dialog mit den Menschen vor Ort sind dabei entscheidend für den Erfolg.

Bezahlbaren Wohnraum zu schaffen ist eine der drängendsten Aufgaben im Bereich des Planens und Bauens. Die staatliche Wohnraumförderung auf Rekordniveau leistet hier bei privaten und kommunalen Modernisierungs- und Neubaumaßnahmen einen großen Beitrag.

Für Bayern gilt: Bauen, bauen, bauen! Ökologische, ökonomische und soziale Aspekte sind dabei in einen harmonischen Dreiklang zu bringen. Mit der Städtebauförderung unterstützt der Freistaat Bayern Gemeinden und Städte bei ihren städtebaulichen Planungen und Investitionen. Zukunftsorientierte Siedlungsentwicklungen und städtebauliche Erneuerungsmaßnahmen reduzieren den Verkehr und sind flächensparend. Auf diese Weise können wir einen großen Beitrag zur Verminderung des CO2-Ausstoßes und zum Klimaschutz leisten. Bei allen Maßnahmen werden Gesichtspunkte der Barrierefreiheit und des demographischen Wandels miteinbezogen.

Wir setzen uns zum Ziel, eine nachhaltige Mobilität zu schaffen, die zu geringeren Umweltbelastungen und einer höheren Lebensqualität führt. Als öffentlicher Bauherr wird der Freistaat Bayern seiner Vorbildfunktion gerecht und baut energieeffizient und ressourcenschonend. Wir werden die begonnene Arbeit fortsetzen und die Bayerische Nachhaltigkeitspolitik stetig weiterentwickeln. Dafür sind große Überzeugungskraft und Entschlossenheit gefragt.

„Nachhaltigkeit“ ergänzt durch „gestalten“ darf als Aufruf an uns alle verstanden werden.

 

Ilse Aigner
MdL Bayerische Staatsministerin für Wohnen, Bau und Verkehr
Stellvertretende Ministerpräsidentin