01.01.2021

01/2021 Flächensparen – Potenziale im Gewerbebau

Klimaschutz

Werkhof, beuchle wiesner architekten

Foto: beuchle wiesner architekten

"Der Verbrauch an Fläche und Ressourcen, die Lärmbelastung und der Schadstoffausstoß in Städten müssen gesenkt werden, um die Ziele der Umwelt-, Gesundheits- und Klimapolitik zu erreichen."

aus "Die Stadt von Morgen" vom Umweltbundesamt

Flächensparen ist nicht erst ein zentrales Thema, seit der Bayerische Verfassungsgerichtshof das Volksbegehren "Betonflut eindämmen – damit Bayern Heimat bleibt" gestoppt hat. Seit 2018 aber ist Bewegung in dieses Thema gekommen. Der politisch-gesellschaftliche Diskurs wird dichter. Man ist sich einig, dass der Flächenfraß begrenzt werden muss. Die dafür nötigen Konzepte werden allerdings kontrovers diskutiert: Wir müssen eine Höchstgrenze des Flächenverbrauchs festschreiben, fordern die einen. Die anderen setzen mit Blick auf die kommunale Selbstverwaltung und auf Wirtschaftsverträglichkeit auf das Prinzip der Freiwilligkeit.

Sicher ist, dass die Verfügbarkeit von Flächen begrenzt ist und der derzeitige Flächenverbrauch in keinem Verhältnis zur ökologischen Bedeutung des unersetzbaren Gutes Boden steht: Zurzeit werden in Bayern laut Bayerischem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz 10,8 Hektar (ha) täglich in Siedlungs- und Verkehrsfläche umgewandelt. Erklärtes Ziel der Staatsregierung ist es, den Flächenfraß bis 2030 auf 5 ha pro Tag zu reduzieren. Das entspräche immer noch 1.825 ha im Jahr oder – bildlich ausgedrückt – mehr als 2.550 Fußballfeldern.

Die Herausforderungen sind klar: Die Planer stehen vor der Aufgabe, überzeugende Konzepte für flächenschonendes Bauen zu entwickeln. Der Gewerbebau bietet hier Potenziale, die bislang kaum im Fokus standen.

1. Den Standort nutzen

Oberste Priorität sollte die Untersuchung haben, ob überhaupt die Notwendigkeit einer Baumaßnahme besteht oder der Bedarf allein dadurch gedeckt werden kann, dass betriebliche Abläufe optimiert werden. Eventuell können bereits durch eine effiziente Neustrukturierung Flächen gewonnen werden. Sollte dies nicht der Fall sein, könnten immer noch Aufstockungen und Erweiterungen am Standort eine Lösung bieten.

2. Revitalisieren und umnutzen

Für die Revitalisierung von Gewerbebauten oder Gewerbegebieten gibt es bereits viele positive Beispiele. Die Umnutzung oder Wiedernutzung bereits bestehender Anlagen bietet nicht nur im Hinblick auf den Flächenverbrauch Vorteile, auch Nachhaltigkeitsaspekte sprechen dafür - insbesondere die Nutzung der sog. Grauen Energie und vorhandener Infrastruktur.

3. Flexibilisieren und stapeln

Sollten diese beiden Lösungen nicht möglich sein, gilt es, die Inanspruchnahme von Fläche möglichst gering zu halten und Bauten mit ökologischen, ökonomischen und sozialen Qualitäten zu verknüpfen. Vielversprechend ist hier das Stapeln von Funktionen und die Schaffung von Räumen, die multifunktional genutzt werden können. Die geläufigste Variante besteht darin, Verwaltungsräume übereinander oder über einer Produktion anzuordnen. Andere Ausführungen sind denk- und planbar.
Enorm ist der Platzbedarf von Stellplätzen: Auch sie können gestapelt oder auf Dächern von Gebäuden mit anderen Funktionen angeordnet werden. Außergewöhnliche Beispiele für die Stapelung unterschiedlicher Funktionen findet man in Skandinavien, wo in jüngerer Vergangenheit damit begonnen wurde, Freizeiteinrichtungen auf gewerblich genutzten Gebäuden zu errichten.

4. Intelligent managen

Die baulichen Möglichkeiten sind das Eine. Die Potenziale, die intelligentes Flächenmanagement im kommunalen Bereich freisetzen oder durch interkommunale Zusammenarbeit entstehen, das Andere. Es liegt an uns Planern, den Unternehmen Bedenken in Bezug auf das Flächensparen zu nehmen und Vorteile offenzulegen: So können kompakte Baukörper im Betrieb durchaus Kosten sparen, wenn der Umzug entfällt und Mitarbeiter am Standort bleiben können. Und überdies ist ein Standort auch immer die „Heimat“ der Marke, für die der Betrieb steht. Mit dem erklärten Ziel der Staatsregierung, Flächen zu sparen, besteht für Bayern die Chance, als Innovationsführer voranzugehen. Unternehmer und Planer benötigen dafür Experimentierräume, in denen Gebäude entstehen, die vielleicht (noch) nicht den üblichen Normen entsprechen. Gerade in den Städten sind Stadtteile beliebt und belebt, die Wohnen und Arbeiten ermöglichen. Das Einsparpotenzial bei Verkehrsflächen ist enorm. Allerdings erschweren es Rahmenbedingungen, wie das Immissionsschutzgesetz, die Potenziale auszuschöpfen.

Die Bayerische Architektenkammer hat sich in diversen Papieren für klare quantitative und qualitative Rahmenbedingungen ausgesprochen. Wichtig wäre es nun, Anreize zu schaffen und Förderprogramme für einen innovativen Gewerbebau aufzulegen, um positive Beispiele aufzuzeigen. Sonst wird es nicht gelingen, den Flächenverbrauch entscheidend zu reduzieren.

Haben Sie Fragen zu Strategie, Konzeption und Umsetzung von flächensparenden Gewerbebauten? Dann kontaktieren Sie die Experten der BEN unter: www.byak-ben.de / Tel: 089 139880-80

Autorin: Daniela Deeg

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1 Kommentare

F. Wilke

02. Juni 2022

Die Gemeinden haben es selbst in der Hand, in BPlänen und städtebaul. Verträgen den Flächen- und Energieverbrauch einzuschränken. Leider diktieren die Investoren die städtebauliche Praxis.