09/2023 Bäume für klimaresiliente Stadträume

Avatar of BEN BEN - 01. September 2023 - Klimaschutz

Fußweg zwischen zwei Straßen mit Sitzbank und Bäumen links und rechts

Foto: Andreas Rockinger

"Zu fällen einen schönen Baum
braucht's eine halbe Stunde kaum.
Zu wachsen, bis man ihn bewundert,
braucht er, bedenk es, ein Jahrhundert."

Eugen Roth

 

Städtische Räume können Klimarisiken wie Starkregen, anhaltende Dürre und starke Hitze mildern und puffern und so einen wichtigen Beitrag zur Resilienz in Städten und Regionen leisten. Ein zentrales Element dabei ist ein starkes Grün: vor allem große Bäume mit üppigen Baumkronen und großem Wurzelvolumen sind wahre Klimamaschinen. Sie binden CO2 und Feinstaub, produzieren Sauerstoff und können Niederschläge speichern. Nicht nur ihr Schatten, auch das Verdunsten des Wassers über lange Trockenphasen hinweg tragen nachweislich zur kleinklimatischen Abkühlung bei.

Ohne den Menschen wären weite Teile Europas mit Wäldern bedeckt, dem natürlichen Habitat eines Baums. In den Städten kämpfen Bäume vielerorts konstant gegen für sie lebenswidrige Bedingungen. Gerade angesichts der sich verschlechternden Verteilung von Trockenheit und Regenereignissen ist das Überleben vieler Stadtbäume keineswegs gesichert. Der Rückgang durch Dürre und durch den Temperaturanstieg begünstigte Krankheiten bei verbreiteten Stadtbaumarten (Linde, Ahorn, Hainbuche) ist dramatisch.

Standortbedingungen verbessern

An den Bedingungen für das Überleben der Bäume in unseren Siedlungsräumen wird seit Jahren geforscht. Entscheidende Faktoren sind u.a. die Versickerungsleistung der Böden, die mittlere und die höchste Niederschlagsmenge und die Toleranz unterschiedlicher Baumarten gegen stehendes Wasser und gegen Trockenheit. Daraus resultieren Listen für stressresiliente Baumarten, sogenannte Klimabäume. Es laufen Forschungen zu den baulichen Voraussetzungen geeigneter Baumstandorte und Wasserspeichern im Erdreich unter den Bäumen. Großes Potenzial besteht darin:

  • Regenwasser unterirdisch in ausreichend großen Baumgruben zu speichern, um es den Bäumen in Trockenphasen zur Verfügung zu stellen und somit ein Vertrocknen zu verhindern,
  • diese Baumgruben untereinander zu vernetzen, sodass ein "Schwamm" (Schwammstadt) unter der Stadt entsteht: ausgehend von den Verkehrsräumen, über die Parks, Grünflächen bis zu den Privatgärten. Um dies zu ermöglichen, muss das Niederschlagswasser jedoch erst zu den Bäumen gelangen.

Das ist gegenwärtig selten der Fall, denn Wasser wird insbesondere in den Verkehrsräumen in der Regel von den Baumstandorten weg- und abgeleitet. Einem Umbau der Entwässerung und einem Ergänzen von Baumstandorten stehen zudem meist die vorhandenen Trassen (Leitungen, Kabel) entgegen – hier benötigen wir eine Vereinfachung der Vorgaben und Regelwerke.

Erforderliche Rahmenbedingungen

Die notwendigen Rahmenbedingungen für den Umbau unserer Siedlungen zu klimagerechten baumfördernden Schwammsiedlungen sind u.a.:

  • Abbau der regulatorischen Hürden durch sich widersprechende Anforderungen und Regelwerke
  • Schnelle und effiziente Zusammenarbeit der zuständigen Stellen bei der Implementierung eines klimagerechten Wassermanagements, bestenfalls mit einem Schwammstadt-Gesamtkonzept oder mit der Vernetzung von Maßnahmen. Bei Sanierungen bestehender Verkehrsräume und Straßen oder bei Umbaumaßnahmen zur Innenentwicklung und Verkehrswende sollte z.B. Klimaanpassung selbstverständlich mit geplant und umgesetzt werden.
  • Erkennen, dass jegliche Investition in "Schwammmaßnahmen" (z.B. Schwammstraßen, -(spiel)plätze und -parks) gleichzeitig der Vorsorge vor Hochwasser- und Hitzegefahren dient
  • Einbindung wassersensiblen Planens bei Neuausweisungen von Flächen. So sollte z.B. Regenwassermanagement bereits in der Bauleitplanung priorisiert und verankert werden (entspr. BauGB, § 9, Abs. 1 Nr. 25).
  • Klimagerechtes Regenwassermanagement, das verbindlich in Baugenehmigungsprozesse einbezogen werden sollte, z.B. durch Aufnahme in Freiflächengestaltungssatzungen
  • Förderprogramme, die Planung und Umsetzung attraktiver machen

Wachstum braucht Zeit!

Nicht vergessen: Bäume, die jetzt gepflanzt werden, können erst in 80 Jahren einen adäquaten Beitrag zur Resilienz der Siedlungen und Städte leisten. Bäume, die jetzt nicht gefällt werden, leisten bereits jetzt jedes Jahr einen wirksamen Beitrag und tragen aktiv zum Klimaschutz und zu einer intakten Umwelt und lebenswerten Stadträumen bei.

Das Schwammstadtprinzip: Regenwasser soll zu den Wurzeln von Bäumen gleitet und dort gespeichert werden und nicht im Abwasserkanal verschwinden.

Grafik: Uniola Landschaftsarchitektur Stadtplanung

Autoren: Andreas Rockinger, Markus Weinig

Weiterführende Links

Leitfaden zu Stadtbäumen in Bayern (hrsg. vom Zentrum Stadtnatur und Klimaanpassung der Technischen Hochschule München)

Berner Fachhochschule Story: Wie Raumplanung zu Baumplanung wird

Verbändekooperation wassersensibles Planen & Bauen: Schwammstadt.bayern 

Bund Deutscher Landschaftsarchitekt:innen bdla 

Baugesetzbuch § 9:
Inhalt des Bebauungsplans (1)
Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:
25. für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a) das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b) Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern

[Die Links wurden zuletzt geprüft am 17.08.2023]

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