10/2023 Denkmal nachhaltig und energieeffizient

Avatar of BEN BEN - 01. Oktober 2023 - Klimaschutz

Projekt der Architektouren 2023: Wohnen im Denkmal, denkmalpflegerische Generalsanierung, Instandsetzung und Modernisierung eines Pfarrhofs von 1695 in Birnfeld, Architekturbüro Pechthold

Foto: Anand Anders

"Baudenkmäler und ganze Ensembles, historische Stadtkerne und neu genutzte Bauten der Industriegeschichte tragen zur Urbanität und Lebensqualität in unseren Städten bei."

Johannes Rau

 

Eine energetische Optimierung von denkmalgeschützter und erhaltenswerter Bausubstanz ist aus vielen Gründen zwar eine große Herausforderung, jedoch immer ein Gewinn für den Erhalt unserer Baukultur. Im Regelfall soll am äußeren Erscheinungsbild nichts geändert werden, sodass eine Dämmung auf der Außenseite der Außenwand nicht möglich ist. Die Dämmung von innen ist bauphysikalisch schwieriger. Besonders die Einbindung der Balkenköpfe einer Holzbalkendecke in die Außenwand ist ein kritischer Detailpunkt. Hier gilt es zu vermeiden, dass die Balkenköpfe durch Tauwassereintrag Schaden nehmen. Häufig wird eine kapillaraktive Innendämmung z.B. aus Kalziumsilikat verbaut, die Feuchtigkeit aufnehmen und wieder abgeben kann. Der genaue Wandaufbau, auch in Bezug auf die Dämmstärke, sollte über ein dynamisches Nachweisverfahren (z.B. durch einen Bauphysiker) bestimmt werden, um unzulässigen Feuchteeintrag in die Baukonstruktion zu vermeiden und sicherzustellen, dass im Winter eingelagertes Kondensat im Sommer wieder austrocknen kann.

Einfacher ist die Innendämmung beim Dach oder der obersten Geschossdecke zu realisieren, wie es beispielsweise das Architekturbüro Pechthold bei der Denkmalpflegerischen Generalsanierung, Instandsetzung und Modernisierung eines Pfarrhofs aus dem Jahr 1695 in Birnfeld umgesetzt hat. Das 2-geschossige historische Fachwerkgebäude aus Lehm-, Ziegel und Bruchsteingefachen wird heute als Einfamilienhaus genutzt. Für die Sanierung wurden Lehm, Holzfaserdämmstoffe und Holz verwendet, die oberste Geschossdecke wurde mineralisch gedämmt. Die Holzfenster erreichen einen U-Wert von 1,3 W/m²K. Ein erdgeschossiger Anbau aus dem Jahr 1989 durfte entfernt werden, stattdessen wurde ein neuer Holzbalkon wärmebrückenfrei errichtet. Das historische Kehlbalkendach konnte im gesamten Dachraum erhalten werden. Eine Pelletsheizung mit Pufferspeicher, die im Keller eingebaut wurde, erzeugt Wärme und Warmwasser. Die Wärmeübergabenflächen sind als Wandheizung unter mineralischem Innenputz realisiert, im Erdgeschoss gibt es ergänzend eine Fußbodenheizung. Die PV-Anlage auf der Dachfläche erzeugt nicht nur der Haushaltsstrom, ein Heizstab deckt auch 30% des Warmwasserbedarfs im Sommer. Planer und Bauherrn haben bei diesem Projekt den Spagat zwischen Energieeffizienz und Denkmalschutz gemeistert, das Gebäude unterschreitet nach der Sanierung die EnEV-Anforderung um 31% und erreicht den Standard KfW-Effizienzhaus Denkmal.

Alte Holzfenster, oft mit Einfachverglasung versehen, sind für einen großen Teil der Wärmeverluste versehen. Oft ist es möglich, die Fenster mit ursprünglichen Materialien, wie Kitt aus Leinöl und Holzspänen zu restaurieren und zu erhalten. Eine der Möglichkeiten, die energetische Qualität trotzdem zu verbessern, ist die Ergänzung ein zweites isolierverglastes Fenster an der Wandinnenseite, so dass Kastenfenster entsteht.

Der Einsatz von Photovoltaikelementen führt immer wieder zu Diskussionen zwischen Bauherrn und Denkmalschutzbehörden. Hier muss im Einzelfall abgewogen werden, ob das städtebauliche und gebäudetypische Gesamtbild bewahrt werden kann. Mit PV-Modulen in verschieden Farben, die monochrom und entspiegelt sind, kann innovative Technik sensibel und unauffällig in sanierte Architektur integriert werden.

Ansprechpartner

Aufgabe des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege (BLfD) ist es, die Denkmäler Bayerns als kulturelle Zeugnisse vergangener Zeiten für die kommenden Generationen zu bewahren. Es ist außerdem Ansprechpartner für EigentümerInnen und für Fachleute, wie ArchäologInnen, ArchitektInnen und RestauratorInnen. Während das BLfD für alle fachlichen Fragen zuständig ist, ist der Vollzug des Denkmalschutzgesetzes Aufgabe der Unteren Denkmalschutzbehörden der Landkreise bzw. kreisfreien Städte, beispielsweise die Erteilung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis.
Umfangreiche Informationen zu Materialien und bautechnischen Details bietet die Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege WTA. Hier wird auch eine Liste der Energieberater für Baudenkmale geführt.

Förderung lohnt sich

Eigentümer haben die Verpflichtung, das Denkmal instand zu setzen, instand zu halten, vor Gefährdung zu schützen und sachgemäß zu behandeln. Laut GEG gibt es jedoch für Baudenkmäler und erhaltenswerte Bausubstanz nach §105 die Möglichkeit, von den Anforderungen an die Dämmung abzuweichen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung eines Energieausweise besteht nicht.

Um Denkmäler für die Zukunft zu bewahren, sind oft handwerklich besonders anspruchsvolle und damit kostenintensive Maßnahmen notwendig. Die Kosten für ihre Erhaltung und Instandsetzung können die finanzielle Leistungsfähigkeit der Eigentümer und Eigentümerinnen überschreiten. Es ist häufig jedoch möglich, diese Belastungen durch zahlreiche direkte und indirekte Finanzierungshilfen erheblich zu vermindern. Der deutsche Staat gewährt Denkmaleigentümern Steuervergünstigungen und die KfW vergibt günstige Kredite für das Effizienzhaus Denkmal. Auch vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege gibt es in begrenztem Umfang direkte Zuschüsse. Wichtig ist, dass Finanzierungshilfen nur gewährt werden, wenn die Maßnahme vor Beginn mit der Unteren Denkmalschutzbehörde abgestimmt ist. Die Abstimmung erfolgt am besten direkt mit den für die Region zuständigen Referenten und Referentinnen.

Für eine Bundesförderdung für energieeffiziente Gebäude (BEG) ist es erforderlich in die energetischen Fachplanung und Baubegleitung einen anerkannten "Energieberater für Baudenkmale" mit einzubeziehen. Werden bei der energetischen Fachplanung die erforderlichen Zielwerte eines Jahres-Primärenergiebedarfs (QP) von 160% und/oder eines Transmissionswärmeverlusts (H’T) von 175% im Vergleich zum Referenzgebäude nach GEG aufgrund von Auflagen des Denkmalschutzes beziehungsweise zum Schutz sonstiger besonders erhaltenswerter Bausubstanz oder auch aus bauphysikalischen Gründen nicht erreicht, kann eine Förderung für ein KfW-Effizienzhaus Denkmal bei entsprechender Begründung trotzdem erfolgen.

Bei allen Diskussionen um die Energieeffizienz bei Sanierung von erhaltenswerter Bausubstanz sollte man nicht vergessen, dass nur etwa 3 bis 4% der Bestandsgebäude im Deutschland unter Denkmalschutz stehen. Den größten Anteil am Bestand haben Bauten aus den Jahren 1948–1978. Hier besteht nach wie vor das meiste Potenzial, durch energetische Sanierung den CO2-Ausstoß nachhaltig zu senken.

Wenn Sie weitere Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich gerne direkt und kostenfrei an die Experten der BEN – Beratungsstelle Energieeffizienz und Nachhaltigkeit: ben@remove-this.byak.de; Tel.: 089 139880 88; www.byak-ben.de

Autorin: Veronika Reisser

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